Aktualisiert: 22. Sept. 2021
Für Frauen bedeutet Mutterschaft auch einen großen Einkommensverlust – das jedenfalls bestätigen Statistiken. Doch es lohnt sich, einen Blick auf den Gewinn in der Elternzeit zu werfen. Drei Vorteile, und welche neuen Glaubenssätze wir brauchen, um die Gefahr rund um den
Warum lineares Denken ein Auslaufmodell für Wirtschaft und Leben ist und warum Wachstum und Veränderung Stillstand benötigen.
Deutschland ist endlich mal Spitzenreiter. Hierzulande büßen Frauen nach der Geburt eines Kindes im internationalen Vergleich überproportional an Umsatz bzw. Einkommen ein. Dies geht aus der letzten Studie
1. Ein Kind ist der beste natürliche Treiber für persönliche Weiterentwicklung:
Seitdem ich 30 bin, hat sich meine Liste vor Seminaren, Workshops und Trainings zum Thema Persönlichkeitsentwicklung und Veränderung stets verlängert: Meditationstrainings, eine intensive Psychotherapie, ein Aufenthalt in einem schamanischen Heilzentrum im Amazonas in Peru, diverse weitere Workshops, Kurse und Weiterbildungen zu den Themen Veränderung, Auflösung destruktiver Verhaltensmuster, Weiblichkeit, Achtsamkeit mit meinem Menstruationszyklus, Sexualität und Spiritualität hinter mir, aber ich kann mit allergrößter Gewissheit sagen, dass das Mutterwerden wohl die extremste und natürlichste Form der Selbsterfahrung ist. In keinem Retreat oder Workshop wird man so mit seinen eigenen Belastungsgrenzen konfrontiert, mit einem echten Einsatz, bei dem wirklich etwas auf dem Spiel steht. In der Rolle als Mutter werden eigentlich alle Themen nochmal neu verhandelt, mit sich selbst und natürlich auch mit dem Partner. Das braucht seine Zeit und Ruhe, die man meiner Meinung nach nur in Angesicht des kompletten Rückzugs mit seinem Kind bekommt. Man lernt “seine Frau” zu stehen und wirklich auszusortieren, was wichtig, gut für sich ist und was einfach nicht mehr in das Leben passt. Für mich war das Mutterwerden die transformierendste Erfahrung, alte Denkmuster und Interessen neu zu konfigurieren und mich einem noch einem Stück näher zu meinem authentischen ICH zu bewegen. Diese Zeit zu verpassen und zu schnell in das alte Leben zurückzukehren, wäre im Nachhinein gesehen eine große Verschwendung - eine Verschwendung einer Möglichkeit selber wirklich zu lernen. Wenn wir heute in Unternehmen jedoch von Veränderung und Lebenslangem Lernen sprechen, ist das Einlassen auf die Reise „Mutter sein“ die beste Lehrerin, die wir uns vorstellen können.
2. Die Möglichkeit, die Partnerschaft auf eine neue Ebene zu heben
Das aktuell stark propagierte Narrativ der totalen Unabhängigkeit vom Mann (oder der Frau) ist spätestens nach der Geburt eines Kindes beendet. Ein Kind bedeutet Kontrollverlust, der ab der Minute beginnt, in der man den positiven Schwangerschaftstests in der Hand hält. Für mich als Geschäftsfrau in einer Welt in der die Dinge meist planbar waren, war dies keine leichte Einsicht. Ich brauchte Zeit und Hilfe von außen, um mich auf die Natur des Mutterseins einzulassen, den Rhythmus des Lebens und auch unserer Partnerschaft neu zu lernen und zu akzeptieren, dass so schön unser neues Leben ist, das alte Leben und das Dasein als Individuum und Paar unwiederbringlich vorbei ist. Es besteht keine Frage, dass die Partnerwahl - mit oder ohne Kind - ein Leben beeinflusst, aber auch, wenn man das Glück hat einen “der Guten” zu erwischen, verändert sich die Beziehung, wenn ein Kind auf die Welt kommt. Große Entscheidungen über Erziehung, Leben, Essen, Schlafen, Arbeit, Sex, finanzielle Umverteilung, Verantwortungen, gilt es neu zu verhandeln, meist unter extremem Schlafmangel. Mit absoluter Gewissheit muss ich gestehen, dass nicht nur die Bereitschaft des Partners die Frau bei der Rückkehr in den Job zu unterstützen oder das Gleichberechtigungs-Mindset, das auf die Gehaltsabrechnung oder Zeit im Büro abzielt, zählt. Es ist vor allem die bedingungslose Bereitschaft die nötige Arbeit zu tun um gemeinsam zu wachsen, gefragt. Die eigentliche Herausforderung für mich war und ist zu wissen, dass ich mich bewusst in eine wirtschaftlich schlechtere Situation bewege, und genau darin meine Stärke und die Stärke unserer Beziehung zu sehen.
Die Vereinbarkeits-Lüge
Der Weg dorthin war hart, aber die Belohnung dafür ist riesig. Wir haben eine ganz neue Basis für uns und unsere Partnerschaft gelegt - für immer. Hierzu braucht man Zeit, Raum und Unterstützung von Menschen, die diesen Weg bereits erfolgreich gegangen sind. Manche schaffen dies nebenbei. Wir und ich brauchten dazu einen geschützten Raum.
3. Größte Chance, in die Selbstverantwortung zu gehen
Die Narrative der “einfachen” Vereinbarkeit von Beruf und Karriere und das Weitermachen - wie immer - mit Kind ist meiner Meinung nach die größte Lüge unserer Zeit. Ein Kind verändert unsere Welt, unseren Rhythmus, unsere Prioritäten und zu glauben, dass beide Partner einfach so weitermachen wie bisher hat definitiv seinen Preis. Das Leben muss neu verhandelt und neu gedacht werden, und das fordert ein hohes Maß an Selbstverantwortung: physisch, mental, emotional und auch finanziell. Hier ist es einfach Realität, dass man gemeinsam aber auch für sich sorgen muss. Es gilt zu definieren, was jetzt wichtig ist, was nicht, und wie man seine gemeinsame Zukunft sieht. Konkret haben wir als Paar in diesem Jahr zum Beispiel ein gemeinsames Visionboard erstellt, mit Visualisierungen wie wir uns unser Leben, unsere Beziehungen, unsere Arbeit und unsere Träume vorstellen. Dieses Visionboard hängt in unserem Schlafzimmer und hilft uns auf Kurs zu bleiben. Natürlich hängt mein eigenes Visionboard daneben, damit auch mich selbst nicht vergesse. Mein Argument ist, dass Elternschaft, besonders bei dem ersten Kind eine der größten Transformationsmomente im Leben darstellt, es gilt nun neue Weichen zu stellen, zu nähren und ein Fundament für ein neues Leben zu bauen. Ich denke, dass wenn man diese Erfahrung an Kennzahlen wie den Nettoumsätzen vergleicht, das verpasst, was unwiederbringlich verloren geht und am Ende viel mehr verliert, als in Zahlen ausgedrückt werden kann. Mein Argument ist, dass wir anerkennen sollten, dass Deutschland ein Land ist, dass einen Umsatzrückgang für Familien erlaubt, um die mentale Gesundheit zu stärken und, wenn wir das nicht als Empowerment sehen, wir auf lange Sicht viel verlieren. Somit zum Abschluss noch einmal die Frage, ob Kinder eine Strafe für die Frau sind: Die Antwort lautet ganz klar: JA, wenn man Strafen und Belohnungen im Leben an absoluten Zahlen auf dem Konto festmacht.
Traut man sich jedoch sich auf die ultimative Lebenserfahrung einzulassen, sich wirklich zu verändern und somit persönlich und mit seinem Partner zu wachsen, und somit vielleicht schlummernden Dämonen in Gesicht zu schauen, und zu sehen, dass sie im Licht doch gar nicht so wild aussehen, dann stellt der relativ kurzfristige Umsatzrückgang doch eher als ein verkraftbares Übel da.
Quellen: